Roggen ist wahrscheinlich das bekannteste Getreide zur Herstellung von Pilzbrut. Die enthaltenen Nährstoffe und die gute Verfügbarkeit spielen dabei eine große Rolle. In diesem Artikel zeigen wir dir, wie du ganz einfach selbst Pilzbrut aus Roggen herstellst.
Inhaltsverzeichnis
Warum ist Roggen für Pilzbrut geeignet?
Die Verwendung von Roggen für die Herstellung von Pilzbrut ist nicht ohne Grund extrem beliebt. Sowohl Profis als auch Hobbyzüchter sehen Roggen oft als Standardmedium für Pilzbrut. Man bekommt es meistens problemlos im Supermarkt oder im Bioladen — auch in Bioqualität.
Roggen enthält viele nützliche Nährstoffe für das Myzel, z. B. Kohlenhydrate, Eiweiße und Mineralstoffe wie Phosphor, Magnesium, Kalium und Zink. Diese Kombination unterstützt ein gesundes Myzelwachstum.
Außerdem haben Roggenkörner eine ideale Form und können beim Kochen viel Feuchtigkeit aufnehmen, ohne schnell zu platzen. Das verhindert, dass die Pilzbrut schleimig wird. Und schleimige Brut ist aus mehreren Gründen ungünstig: sie ist schlechter für das Myzelwachstum (ein lockeres Substrat ist besser), schwerer zu schütteln und kann das Bakterienwachstum fördern.
Ein Nachteil bei der Verwendung von Roggen ist, dass empfohlen wird, die Körner 12 bis 24 Stunden einzuweichen und anschließend zu kochen, um sie gut zu hydratisieren. Das ist etwas mehr Aufwand als bei manchen anderen Getreidesorten, wie z. B. Reis.
Wie man Pilzbrut aus Roggen herstellt
Jetzt, wo klar ist, warum Roggen sich hervorragend zur Herstellung von Pilzbrut eignet, schauen wir uns den eigentlichen Ablauf an. Fang damit an, einen geeigneten Arbeitsplatz zu wählen und die folgenden Utensilien bereitzulegen.
Benötigtes Material
Essentiell
- Roggen
- Schaufel oder großer Löffel (zum Befüllen von Gläsern oder Beuteln)
- Topf oder Kessel (zum Spülen, Einweichen und Kochen des Roggens)
- Schnellkochtopf oder Autoklav (zur Sterilisation)
- Sieb oder Mischsieb
Optional
- Gips
- Braubeutel
- Waage
- Messbecher
- Einfülltrichter (für Gläser) oder Füllhilfe (für Beutel)
Schritte
1. Roggen abmessen oder wiegen
Miss oder wiege die passende Menge Roggen für die Anzahl an Behältern (Beutel oder Gläser), die du befüllen möchtest. Im Allgemeinen verdreifacht sich das Volumen nach der Hydration. Das Gewicht steigt um den Faktor 1,7. Mehr dazu findest du im Extra-Abschnitt über Gewichts- und Volumenveränderung.
Mit diesen Angaben kannst du ganz einfach berechnen, wie viel trockener Roggen nötig ist. Gib den Roggen anschließend in einen Topf oder Kessel, um ihn zu spülen und von Verunreinigungen zu befreien. So erhältst du später ein sauberes, luftiges Substrat, das sich gut schütteln lässt und optimale Kolonisierung ermöglicht.
2. Roggen spülen
Fang an, den Roggen zu spülen, indem du Wasser hinzugibst. Du wirst sehen, dass das Wasser schnell braun wird – durch Staub und Mehlreste, die sich außen an den Körnern abgelagert haben. Dieser Spülvorgang muss in der Regel mehrfach wiederholt werden, um den Roggen möglichst sauber zu bekommen. Wie oft genau, hängt davon ab, wie stark er verunreinigt ist. Den Bio-Roggen, den wir für diesen Artikel verwendet haben, haben wir achtmal gespült.
Am Ende des Spülens kannst du optional etwas Gips hinzufügen. Etwa 1 Esslöffel pro 3 Liter trockenen Roggen. Das hilft, die Klebrigkeit weiter zu reduzieren und liefert zudem Mineralien, die möglicherweise Enzymfunktionen unterstützen – etwa Kalzium und Schwefel. Gips kann außerdem das Myzelwachstum fördern, weil er die Roggenkörner besser voneinander trennt und für mehr Luftigkeit sorgt. Zusätzlich wirkt er leicht puffernd und hilft, den pH-Wert zu stabilisieren.
3. Roggen 12–24 Stunden einweichen
Deck den Topf oder Kessel ab und lass den Roggen 12 bis 24 Stunden einweichen. Das wird aus zwei wichtigen Gründen empfohlen:
- Endosporen können während des Einweichens keimen. Dadurch können sie später beim Sterilisieren zuverlässig abgetötet werden. So verhinderst du, dass sie nachträglich auskeimen und deine Pilzbrut kontaminieren.
- Die Körner nehmen Wasser auf und werden weicher. Dadurch platzen beim Kochen später weniger Körner, was wiederum dafür sorgt, dass die Brut weniger klebrig wird – weil weniger Stärke austritt.
4. Roggen zum Kochen bringen
Bring das Wasser zum Kochen, nachdem der Roggen 12 bis 24 Stunden eingeweicht hat. Am besten verwendest du das Wasser, in dem der Roggen auch eingeweicht wurde. Es ist sauber und enthält – falls du Gips hinzugefügt hast – bereits Mineralien für Struktur, Pufferwirkung und pH-Stabilität. Für diesen Artikel haben wir den Roggen nach dem Einweichen in einen separaten Kochkessel umgefüllt, aber das ist absolut nicht nötig.
5. Roggen kochen und hydratisieren
Bring den Topf oder Kessel mit dem Roggen zum Kochen. Wenn du einen Braubeutel hast, kannst du ihn jetzt verwenden – das erleichtert das Handling.
Während des Kochens solltest du regelmäßig testen, wie weit der Roggen ist. Die Körner sollten am Ende „al dente“ sein und im Inneren eine glasige Struktur haben. Du erkennst das, indem du ein Korn durchbeißt. Ist der Kern glasig, bedeutet das, dass die kristallinen Strukturen aufgebrochen sind – das sogenannte „Gelatinisieren“ hat stattgefunden. Die Stärke ist nun in eine Form umgewandelt, die vom Myzel gut kolonisiert und abgebaut werden kann.
Aus unserer Erfahrung ist es besser, sich nicht strikt an eine feste Kochzeit zu halten. Die benötigte Zeit hängt stark von der Roggensorte und der verwendeten Menge ab. Bei größeren Mengen dauert es länger, bis das Wasser kocht, was in der Praxis oft zu einer kürzeren Kochzeit führt – denn die längere Aufwärmphase zählt mit, und die Gelatinisierung beginnt schon bei 60–70 °C.
Achte darauf, den Roggen nicht zu lange zu kochen. Wenn zu viele Körner platzen, bekommst du am Ende eine klebrige, schleimige Masse.
6. Roggen abdampfen lassen
Wenn die Roggenkörner al dente sind und einen glasigen Kern haben, nimm sie aus dem Topf oder Kessel. Verwende ein Sieb oder ein Mixing Screen, um den Roggen abdampfen zu lassen. Wenn du einen Braubeutel benutzt hast, kannst du den gesamten Roggen ganz einfach aus dem Kessel heben.
Das Abdampfen ist wichtig, um überschüssige Feuchtigkeit von der Außenseite der Körner zu entfernen. Die benötigte Feuchtigkeit für das Myzel befindet sich jetzt im Inneren der Körner – Feuchtigkeit außen kann den idealen Feuchtigkeitsgehalt der Pilzbrut stören.
Wenn du ein Sieb verwendest: gib den Roggen hinein und mische ihn regelmäßig, damit der Dampf schnell und gleichmäßig entweicht. Wenn du ein Mixing Screen verwendest: verteile den Roggen so gleichmäßig wie möglich auf dem Gitter und wende ihn regelmäßig für ein gleichmäßiges Ergebnis.
Nach 15 bis 30 Minuten sollten die Körner außen fast trocken sein, während sie innen noch feucht und gut hydratisiert sind.
Um zu prüfen, ob die äußere Feuchtigkeit stimmt, kannst du ein paar Körner auf ein Stück Küchen- oder Toilettenpapier legen. Wenn sie keine nassen Flecken hinterlassen, ist die Feuchtigkeit genau richtig – du kannst mit dem Befüllen der Pilzbrutgläser oder Pilzzucht Beutel weitermachen.
7. Pilzbrutgläser oder Pilzzucht Beutel mit Roggen füllen
Fülle die Gläser oder Beutel mit dem vorbereiteten Roggen. Verwende Hilfsmittel wie einen Trichter, eine Waage oder einen Messbecher, um das Befüllen einfacher und genauer zu machen. Auf den Fotos unten siehst du, wie wir Unicorn 4T-Beutel mit jeweils 1 kg Roggen befüllen.
8. Schnellkochtopf oder Autoklav befüllen
Stelle die gefüllten Gläser oder Beutel in einen Schnellkochtopf oder Autoklav und sterilisiere den Roggen. Die benötigte Sterilisationszeit variiert zwischen 1,5 und 4 Stunden – je nach Menge und Art der Behälter. Grundregel: Je größer die Ladung, desto länger dauert die vollständige Sterilisation.
Beachte dabei, dass Gläser in der Regel eine kürzere Sterilisationszeit benötigen als Beutel. Das liegt daran, dass Beutel oft mehr Volumen haben und der Topf dadurch dichter gepackt ist. Das verlangsamt das Aufheizen und die Dampfverteilung.
9. Schnellkochtopf oder Autoklav abkühlen lassen
Warte, bis das Gerät vollständig abgekühlt ist und sich sicher anfassen lässt – besser sogar noch ein wenig länger, damit die Beutel genug Zeit haben, ein Vakuum zu ziehen. Dann kannst du die Gläser oder Beutel entnehmen.
Wenn du eine Flow Hood hast, ist es ideal, direkt davor zu entladen. Denn es ist nicht garantiert, dass alle Beutel komplett vakuumgezogen sind. Verschließe sie anschließend mit einem Versiegelungsgerät oder einem Kabelbinder.
10. Roggen inokulieren
Sobald der Roggen vollständig auf Raumtemperatur abgekühlt ist, kannst du ihn auf die gewünschte Weise inokulieren. Abhängig vom verwendeten Behälter (Glas oder Beutel) und der gewählten Inokulationsmethode kann dabei eine Flow Hood oder eine Still Air Box (SAB) hilfreich sein.
Auf den Fotos unten siehst du, wie wir die Beutel mit einem Skalpell öffnen und anschließend Flüssigkultur injizieren. Um Kontaminationen zu vermeiden, machen wir das direkt vor der Laminar Flow Box. Wenn du Gläser oder Beutel mit Injektionsport verwendest, ist eine Laminar Flow Box jedoch nicht zwingend notwendig, da dabei keine ungefilterte Luft ins Innere gelangt.
Nachdem du die Beutel zur Inokulation geöffnet hast, kannst du sie wieder verschließen – zum Beispiel mit einem Versiegelungsgerät, einem Kabelbinder oder Draht.
11. Inokulierte Beutel oder Gläser in den Inkubationsraum stellen
Nachdem du das Myzel der sterilen Roggenkörner beigemischt hast, stellst du die Gläser oder Beutel in einen Inkubationsraum. Das kann ein einfacher, warmer und dunkler Ort in deiner Wohnung sein oder ein speziell eingerichteter Platz. Nach ein paar Tagen im Inkubationsraum kann es sinnvoll sein, die Pilzbrut zu schütteln, um die letzte Kolonisierungsphase zu beschleunigen.
Wenn du tiefer in das Thema eintauchen willst, schau dir unseren Artikel zur Inkubation von Pilzbrut an. Dort erklären wir unter anderem, warum das Schütteln sinnvoll ist und wie man aus einer einfachen Kühlbox einen effektiven Inkubator baut.
Stell ganz einfach deine eigene Roggen-Pilzbrut her – für einen guten Start
Mit den Infos aus diesem Artikel kannst du ganz einfach deine eigene Pilzbrut auf Roggenbasis herstellen. Roggen ist im Allgemeinen leicht erhältlich und bietet eine zuverlässige und nährstoffreiche Grundlage für das Myzel. Wenn du die oben beschriebenen Schritte sorgfältig befolgst, steht deinem erfolgreichen Zuchtprojekt nichts mehr im Weg.
Sobald die Brut vollständig kolonisiert ist, kannst du mit den nächsten Schritten im Anbauprozess weitermachen. Du kannst die Pilzbrut zum Beispiel nutzen, um in einem Monotub Pilze zu züchten – oder direkt auf dem Korn in Kombination mit einer Deckschicht. Viel Erfolg!
Zusatzinfos: Veränderung von Gewicht und Volumen nach der Hydration
Um ein besseres Verständnis für die genaue Gewichtszunahme und Volumenzunahme nach der Hydration zu bekommen, haben wir zwei Tests durchgeführt. Dabei haben wir sowohl das Gewicht als auch das Volumen vor der Hydration gemessen. Nach der Hydration haben wir diese Messungen mit dem verwendeten Bio-Roggen wiederholt.
Diese Ergebnisse können dir als Richtwert dienen, wenn du Roggen für Pilzbrut vorbereitest.
Gewichtsveränderung
Zum Ermitteln der exakten Gewichtsveränderung haben wir mit 100 g trockenem Roggen gestartet. Nach der Hydration betrug das Gewicht 171 g. Das entspricht einer Gewichtszunahme um den Faktor 1,71.
Volumenänderung
Zur Bestimmung der Volumenveränderung haben wir etwa 100 ml trockenen Roggen abgemessen. Nach der Hydration stieg das Volumen auf ca. 300 ml – also eine Verdreifachung.